Im Strukturwandel benötigen Organisationen Flexibilität
Zittau, 10. August 2021. Von Thomas Beier. Erfolg kann man nicht erzwingen und oft genug stellt er sich erst dann ein, wenn man ihn nicht mehr sucht. Das ist ja das Trauma junger Unternehmensberater: Keiner will ihnen zuhören und falls doch einmal, dann nicht umsetzen, was sie sagen, weil mangelnde Erfahrung unterstellt wird. Schlimmstenfalls wird das Gegenteil der Empfehlung realisiert, um zu zeigen, dass man es alleine schließlich doch besser weiß.
Wer spielt noch Büro-Mikado?
Im Laufe der Jahre wird man als Berater in dieser Beziehung viel gelassener. Antwortet man etwa auf Anfragen sinngemäß mit einem "Ach nein, eigentlich habe ich dazu keine Lust", dann setzen manche Kunden Himmel und Hölle in Bewegung, damit man doch noch für sie aktiv wird.
Ein aktuell beliebtes Beratungsthema ist der sogenannte Strukturwandel. Manche Führungskräfte wollen ihre Organisation als Ganzes darauf vorbereiten, etwa durch höhere Flexibilisierung, andere suchen in Workshops nach neuen und erfolgversprechenden Geschäftsfeldern.
Tatsächlich kann bei solchen Fragestellungen die Zusammenarbeit mit einem Beratungsunternehmen sehr produktiv sein. Aufwendig wird es allerdings, wenn sich eine Organisation – ob nun Unternehmen, Verwaltung, Krankenhaus oder zum Beispiel auch eine Krankenversicherung – noch nie so richtig mit der Führungskräfte- und Organisationsentwicklung sowie der Strategieentwicklung auseinandergesetzt hat.
Die Praxis zeigt immer wieder: Wo auf diesen Gebieten regelmäßig, etwa jährlich, investiert wurde und ein gutes Führungsklima herrscht, können sich sich flexible Organisationen entwickeln, die neue Herausforderungen annehmen und sich anpassen können. Ohne die Hintergründe im konkreten Fall zu kennen: Ein Beispiel für Anpassungsfähigkeit war es, als Zittau sich nach dem schnellen Aus für die Kulturhauptstadt-Bewerbung kurzerhand zur Kulturherzstadt erklärte. Auch das ist Flexibilität: Nicht mehr erreichbare Ziele auf anderen wegen erreichen oder durch andere Ziele ersetzen.
Es ist eben ein großer Unterschied, ob ständige Veränderungen als selbstverständlich empfunden werden oder Büro-Mikado gespielt wird: Wer sich bewegt, hat verloren. Oft werden die eigene Einsatzbereitschaft und Flexibilität betont, doch im konkreten Fall kommt gern die Antwort: “Ach, da geht es gerade nicht.” Ursache: In wenig entwickelten Organisationen gibt es kaum Motive für überdurchschnittliches Engagement.
Zum Glück gibt es Probleme
Kluge Unternehmer sagen nie "Bei uns gibt es keine Probleme!" oder "So etwas brauchen wir nicht!", wenn es um die Führungskräfteentwicklung geht. Es ist doch nur logisch: Je mehr Menschen zusammenarbeiten, umso mehr Probleme gibt es auch. Wenn etwa ein Krankenhausdirektor meint, es gäbe in seinem Haus kein Führungsprobleme, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder er kennt seinen eigenen Laden nicht oder, was wahrscheinlicher ist, er will auf allen schwelenden Problemtöpfen den Deckel draufhalten. Die Probleme werden dennoch immer wieder durchdrücken und Zeit und Kraft verschleißen.Besser beraten ist, wer Probleme als Auslöser für Verbesserungsprozesse nutzt. Dazu braucht es eine Unternehmenskultur, die es erlaubt, Probleme als nicht mit einfachen Mitteln zu lösende Aufgaben und Herausforderungen zu artikulieren. In praxi jedoch heißt es oft genug: Wer ein Problem hat, ist unfähig, es zu lösen, oder schlimmer: Der macht immer Probleme! Besser wäre es froh zu sein, wenn unterschwellige Probleme erkannt und benannt werden, bevor sie groß werden und umfassende negative Konsequenzen nach sich ziehen.
Tatsächlich muss man bei Problemen überlegen:
- Welche Probleme können mit vertretbarem Aufwand gelöst werden?
- Welche Probleme können so bearbeitet werden, dass sie den Betriebsalltag nicht stören?
- Welche Probleme werden immer ein Problem sein, das man zwar benennen muss, aber nicht befriedigend lösen kann?
- Welche unlösbaren Probleme sind so heikel, dass man sie am besten nie anspricht und im Bodensatz versinken lässt? So entstehen übrigens die berühmten “Leichen im Keller”.
Veränderungen managen mit externer Beratung
Soll der – immerwährende – Strukturwandel begleitet werden, dann ist die Change Management Beratung als geeignetes Instrument angesagt. Der Begriff verleitet allerdings zu Wortspielereien, die durchaus tiefsinnig sind:- "Change Management" wird gewöhnlich als Veränderungsmanagement übersetzt. Das bedeutet: Veränderungen zu organisieren und dafür Sorge zu tragen, dass diese mittels geeigneter Führungsmethoden von den Mitarbeitern akzeptiert und umgesetzt werden.
Offen gesagt reduzieren sich die Methoden mancher Führungskräfte, mit denen sie ihre Mitarbeiter motivieren, auf das alte Kindergartenprinzip: Wenn du das machst bzw. nicht machst, gebe ich dir einen Lutscher! Das ist die Belohnungsmethode. Es gibt aber auch die Betrafungsmethode: Wenn du das machst / nicht machst, sage ich es deiner Mutti oder ich haue dir … naja, weder im Kindergarten noch im Betrieb hat körperliche Gewalt etwas zu suchen, obgleich sie die eindeutigste Form der Kommunikation ist.
Beides sind Methoden der "Motivation von außen", die zum Zuge kommen, wenn die innere Motivation von Mitarbeitern durch schlechtes Führungsverhalten von Vorgesetzten zerstört wurde. Eine innere Motivation kann man nur sehr schwierig aufbauen, aber extrem schnell kaputtmachen – in Organisationen, die nichts für ihre Entwicklung tun, ist das nahezu schon Standard. So gesehen bedeutet "Change Management" oftmals auch, das Management zu verändern, was bei veränderungsunwilligen Kandidaten bis zum Austausch eskalieren kann. - Da scheint es sinnvoller – schon um den eigenen Stuhl zu retten – sich auf die "Management Beratung" einzulassen. Nur funktioniert es nicht, den Berater als Ratgeber zu benutzen, dessen Ratschläge vom Management dann umgesetzt werden. Vielmehr müssen die Manager – oder ihre Mitarbeiter – von selbst darauf kommen, was was zu tun ist. Hier liefert der Change Management Berater die entsprechenden Denksysteme, die möglichst ohne Umwege dazu führen, dass sich das Management und die Mitarbeiter für den Wandel engagieren – aus innerem Antrieb.
Wissen hilft wenig, wenn es darum geht, Verhaltensänderungen herbeizuführen, siehe die Statistiken von Geschwindigkeitskontrollen im Straßenverkehr, denn trotz besseren Wissens wird reichlich gerast. Erfahrungen wirken schon stärken: Hat einen der böse Blitz bei Tempo 70 im Ort erwischt, fährt man erst einmal für eine Weile StVO-gerecht. Blitzt es aber nie, dann setzt der Glaube ein, nämlich daran, dass man getrost zu schnell fahren kann. Und der Glaube ist der stärkste Faktor, wenn Menschen Entscheidungen über ihr Handeln treffen – bis sie dann wieder einmal eine Erfahrung machen. Übrigens kann Glaube Vernunft gut außer Kraft setzen – Beispiele kennt wohl jeder.
Veränderungen nicht um jeden Preis
Organisationen können sich meist nicht aus eigener Kraft tiefgreifend verändern und gute Berater werden genau schauen, wo Veränderungen angegangen werden sollten und wo besser nicht. Wer etwa Managementmethoden aus der Industrie mal eben so in eine Verwaltung einführen möchte, dem wird die Verwaltung lehren, was Dienst nach Vorschrift ist.Wenn Verwaltungen funktionieren wie ein gut verzahntes Getriebe, dann ist das positiv. Bei einem Wirtschaftsunternehmen, das auf Geschäftsfeldern unterwegs ist, in denen es sich ständig neuen Marktbedingungen anpassen muss, wäre das Bild eines starren Getriebes dagegen kontraproduktiv, hier sind eher Seilschaften im positiven Sinne gefragt, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen und dabei keinen zurückzulassen. Die entsprechenden Grundeinstellungen, die im Betriebsalltag wirken, zu entwickeln, das gehört zu den typischen Aufgaben in der Unternehmensberatung und im Coaching, um das Change Management vorzubereiten.
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- Quelle: Thomas Beier | Foto: © BeierMedia.de
- Erstellt am 10.08.2021 - 15:16Uhr | Zuletzt geändert am 04.08.2022 - 19:15Uhr
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