Marketing in der Pharma- und Wissenschaftsindustrie – mein neuer Job?

Marketing in der Pharma- und Wissenschaftsindustrie – mein neuer Job?Zittau, 18. Februar 2021. Zittau ist Hochschulstandort – und die sogenannten Drittmittel, die von Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusätzlich zu den Haushaltsmitteln der Träger von Dritten – daher der Name – eingeworben werden, sind auch hier gefragt. Manche Hochschulen haben sogar eigene Abteilungen, die darauf spezialisiert sind, Anträge auf Drittmittel, meist aus Forschungs- und Kooperationsprogrammen, zu schreiben.

Abb.: Nach wenigen Jahren im Beruf lockt so manchen die nächste Herausforderung
Foto: Dana Tentis, Pixabay License
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Vermarktung gibt Wirtschaftsunternehmen auch im Wissenschaftsbereich ihre Existenzberechtigung

Aus unternehmerischer Sicht hingegen zeigt sich die Vermarktung von Forschungsergebnissen, an den öffentlichen Hochschulen, gelinde gesagt, immer wieder unterbelichtet. Es fehlt oft an praxisnaher, ergebnisorientierter Forschung und hinzu kommt, dass das harte Verkaufen in der Wissenschaftskarriere weder Lehrfach noch überhaupt beliebt ist. Anders im privaten Bereich: Hier ist immer wieder Spitzenforschung zu finden und womit heutzutage an öffentlichen Hochschulen manchmal Lehrinhalte gefüllt werden, ist selbst bei Anwendern, die in der Privatwirtschaft Wert auf halbwegs aktuelles Wissen legen, längst durch, wie man so schön sagt.

Dabei ist doch der Verkauf die Stelle, an der sich der Daseinszweck einer Organisation auszahlt, wenn sie sich nicht nur edlen, sprich gemeinnützigen Aufgaben widmen möchte: Die Verkäufer sind es, die das Geld hereinholen, von dem sich später ein Teil in den Lohntüten wiederfindet. Weder in der Forschung noch in anderen Bereichen – von den Corona-Impfstoffen einmal abgesehen – ist Verkauf ein Abhol-Geschäft, dem dem die Kunden Schlange stehen, weil der Bedarf die Nachfrage übersteigt. Wer in die Vermarktung – das Marketing – einsteigen möchte, sollte schauen, wo es die größten Chancen gibt und wo man sich mit ein wenig mehr Agilität als andere ein großes Stück vom Kuchen holen kann.

Was muss im Pharma-Marketing beachtet werden?

Ein typischer Bereich der Spitzenforschung ist die Entwicklung von pharmazeutischen Erzeugnissen, zugleich ein Bereich, der viel mit Vermarktung zu tun hat. Einen Einblick in diese Welt haben die Verhandlungen der Europäischen Union über Zuschüsse zur Entwicklung von Corona-Impfstoffen und jene über die Beschaffung der Vakzine gegeben. Entgegen der im Marketing üblichen Konstellation hat hier der Kunde – die EU – bei den Herstellern gedrängelt und sich zugleich geziert, mit logistisch und finanziell, räusper, beeindruckenden Folgen.

Wenn pharmazeutische Erzeugnisse, also beispielsweise Medikamente und Impfstoffe, vermarktet werden sollen, sind einige Besonderheiten zu beachten: Die direkte Bewerbung von verschreibungspflichtigen Arzneien ist außerhalb von Fachkreisen untersagt, das darüber hinaus jedoch erlaubt ist und was nicht, ist sehr genau im Heilmittelwerbegesetz geregelt. Das Heilmittelwerbegesetz umreißt neben den Berufsordnungen und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb den Rechtsrahmen für Werbung in der deutschen Gesundheitswirtschaft.

Auf gut Deutsch: Das Marketing im Gesundheitsbereich erfordert eine ganz spezielle Expertise, dieses sogenannte Pharma-Marketing unterscheidet sich vom klassischen Marketing in anderen Branchen und stellt einige besondere Anforderungen an Strategie und Umsetzung. Zwar dürfen in Deutschland frei verkäufliche Medikamente wie Salben, bestimmte Schmerztabletten oder Erkältungsprodukte grundsätzlich öffentlich beworben werden, aber hüten sollten sich Anbieter beispielsweise vor Heilungsversprechen oder der Werbung mit Empfehlungen. Der Hinweis “Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker”, vermutlich Deutschlands meistgehörter Spruch in der Werbung, ist immer mit von der Partie.

Zwei Wege ins Pharma-Marketing

Wer im Pharma-Marketing arbeitet, muss sich einem harten Konkurrenz- und Innovationsdruck stellen. Das Healthcare Marketing, das sich wörtlich übersetzt der Gesundheitsversorgung widmet und letztlich nichts anderes als Pharma-Marketing ist, verlangt zudem ein hohes Maß an Spezialwissen.

Einstiegswege ganz speziell für Pharmareferenten gibt es in zwei Richtungen: Gute Verkäufer, insbesondere erfahrene Außendienstler, können sich die unabdingbaren medizinischen Kenntnisse aneigenen. Das ist knallhart, denn vieles muss stupide gelernt werden, bis es auswendig sitzt. Wer aber ohnehin schon im Pharmawesen arbeitet und – vielleicht, um etwas frischen Wind ins Berufsleben zu bringen – ins Marketing wechseln möchte, hat hier richtig gute Karten, kann als Frau oder Mann vom Fach von Anfang an auf Wertschätzung setzen. Wenn auch persönlich vielleicht ein großer, ist es formal jedoch nur ein kleiner Schritt, ein Marketing Fernstudium berufsbegleitend zur Vorbereitung auf den neuen Karriereweg zu beginnen.

Wichtige Aufgabe im Pharma-Marketing: andere Wege finden

Bei der Entwicklung und Umsetzung von Marketingstrategien im Pharmabereich ist neben einer hohen Produkt- und Marktexpertise sowie vor allem Menschenkenntnis auch Fingerspitzengefühl und Einfallsreichtum gefragt, um auf dem rechtlich vorgegebenen Pfad zu bleiben, aber dennoch erfolgreicher als andere zu sein. Trotz aller Regularien bleibt einem Marketing-Spezialisten als Insider ein durchaus großer Spielraum.

Oft geht es darum, aus Marketingsicht die Fachexperten auf die richtigen Ideen zu bringen. Ein Beispiel wäre die Erweiterung des Anwendungsspektrums von Produkten; so kann etwa ein Mittel gegen Kopfschmerzen vielleicht auch gegen Erkältungssymptome eingesetzt werden. Generell wird im Pharma-Marketing eng mit Klinika und Kliniken, niedergelassenen Ärzten, Apotheken und anderen Gesundheitsdienstleistern und -institutionen zusammenarbeitet.

Um den Bekanntheitsgrad als Voraussetzung für das Geschäft zu erhöhen werden Schulungen und Konferenzen gesponsert, was vor Jahren in Form von Nebenprogrammen durchaus auch Blüten trieb. Zu beachten ist, das Werbegeschenke in der Arzneimittelwerbung generell verboten sind, von sehr eng begrenzten und geringwertigen Ausnahmen abgesehen. Mehr – und vor allem nützlicheres – Potential bietet das Online-Marketing: Pharmaunternehmen nutzen Webseiten, um über Gesundheitsthemen aufzuklären und sich in diesem Zusammenhang bekannt und einen guten Namen zu machen.

Pharma-Marketing ist nicht nur informative Werbung, sondern zentrale Schnittstelle

Mit dem um sich greifenden Interesse an Gesundheitsfragen und immer mehr auch für medizinische Laien zur Verfügung stehenden Informationen verzeichnet die Gesundheitsindustrie ein stetig wachsendes Interesse an Hilfsmittel und präventiven Möglichkeiten.

In diesem lukrativen Markt sind die Experten im Pharma-Marketing – vor allem, wenn sie im Außendienst als Pharmareferenten unterweg sind – heute die Schnittstelle zwischen Ärzten, Pharmaherstellern und Händlern von Pharmazeutika und haben dadurch enormen Einfluss auf die konkrete Ausprägung des Marketing-Mix:


    • wie die Logistik-Systeme bis hin zu den Apotheken gestaltet werden
    • welche Preisniveaus und Lieferbedingungen marktgerecht sind
    • welche Inhalte und konkreten Gestaltungen sich in Werbung und Kommunikation wiederfinden
    • wie Sortimente und einzelne Produkte, etwa Packungsgrößen, gestaltet werden

Für Ärzte sind die marketingkompetenten Pharmaleute wichtige Partner – ob sie nun eher in einer Zentrale sitzen oder als Pharmareferenten – auch wenn die Bezeichnung das Aktionsfeld nur unzureichend beschreibt – vor Ort sind. Die Bedeutung erkennt man spätestens daran, wenn man als Patient etwas länger warten muss, weil es mit dem Pharma-Marketingmann oder der -frau wieder mal ein wenig länger dauert. Die neuesten Entwicklungen sind halt immer spannend.

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  • Quelle: rd | Foto: DanaTentis, Pixabay License
  • Erstellt am 18.02.2021 - 13:43Uhr | Zuletzt geändert am 18.02.2021 - 14:11Uhr
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