Die Glühzeit ist eingeläutet

Schwarzenberg, 9. November 2015. Von Thomas Beier. Was dem einen die Sommerzeit und die Winterzeit ist, das ist dem Erzgebirger der Rest des Jahres und die Weihnachtszeit. Um sich gewissermaßen seelisch und moralisch auf die gefühls- und kalorienreiche Jahreszeit einzustimmen, hat der Verein KunstZone e.V. im erzgebirgischen Schwarzenberg das VORGLÜH'N erfunden (der Görlitzer Anzeiger hatte angekündigt) und damit offenbar ein tief sitzendes Bedürfnis getroffen: Die Schwarzenberger und Gäste kamen zuhauf und freuten sich, ihren Marktplatz mal wieder ohne Politkaspertheater nutzen zu können.
Abbildung oben: Das Künstlergässchen macht seinem Namen alle Ehre. Diesmal war es besonders für die Kinder interessant.

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Stänker kommentiert: Wenn nicht der Wein glüht, sondern die Köpfe

Thema: Woanders

Woanders

"Woanders" – das ist das Stichwort, wenn der Görlitzer Anzeiger auf Reisen geht und von Erlebnissen und Begegnungen "im Lande anderswo" berichtet. Vorbildliches, Beispielhaftes und Beeindruckendes erhält so auch im Regional Magazin seine Bühne.

Was die Leute der KunstZone und Ihre Freunde - meist Gewerbetreibende aus dem Stadtzentrum - auf die Beine gestelllt haben, stimmte mit Weihnachtssternen, Rumkirschen, Glühwein, Eierpunsch, Crêpes und Gebrutzeltem auf Weihnachten ein, ohne in Traditionsstarre zu verfallen. Dafür sorgte vor allem die Musik der Kultband The Horseless Riders und von Legende Hans Blues.

Für die Erwachsenen bestand der Abend vor allem aus Musik hören, essen, trinken, quatschen und das Tanzbein auf dem Marktplatzpflaster schwingen. Die Kinder hingegen konnten ausweichen zum Basteln oder zum Kino im Künstlergässchen, dem alten Marktgässel. Dort hatte das Ringkino Schwarzenberg im Künstlerhaus Kafka das passende Programm für die kleinen wie die großen Kinofreunde.

Für einen Clou sorgte das Musikhaus Philipp, das auf dem Budendach eine Kanone installiert hatte, die in der milden Nacht Schnee verschoss.

Sichtlich erfreut über die tolle Resonanz der Veranstaltung zeigte sich die Schwarzenberger Oberbürgermeisterin Heidrun Hiemer, die mit ihrem Mann an den Ständen vorbeischaute und sich von den Düften, so an der Brutzelbude des Schwarzenberger Ratskellers, faszinieren ließ. Die Stadt hatte die Veranstaltungsidee unbürokratisch unterstützt und die Verkaufsbuden dafür bereitgestellt.

Als sich die meisten Gäste zu später Stunde heimwärts trollten, war für die Macher und Helfer rund um Jörg Beier und Lydia Schönberg aus Kunst & Kneipe "Zur Freien Republik Schwarzenberg" die Nacht noch längst nicht vorbei: Es wurde nach aufgeräumt und saubergemacht, so dass am nächsten Tag nur noch die Holzbuden abgeholt zu werden brauchten.

Fazit: Auf das angekündigte NACHGLÜH'N am 9. Januar 2016 will niemand warten, "ZWISCHENGLÜH'N" lautet die Parole!

Tipps:



    Kommentar:

    Auf Betriebskosten zur einer solchen Veranstaltung mitgenommen zu werden gehört zu den angenehmen Seiten des Berufslebens. Allerdings ist auch in diesem sächsischen Städtchen nicht alles eitel Sonnenschein.

    Während der Schwarzenberger Markplatz den fröhlich feiernden Bürgern gehörte, trafen sich auf dem Zirkusplatz - nomen est omen - Anhänger und Neugierige eines Bündnisses "Freigeist" zu einer Kundgebung und einem Spaziergang, wozu ein NPD-Kreisrat aufgerufen hatte. Mit von der Partie war auch - na gucke da - ein AfD-Stadtrat aus dem Nachbarort.

    Ein Stückchen weiter, am Sportplatz, suchte die Antifa ihr Mütchen zu kühlen. Einen Tag später, am Sonntag, rief ein selbsternannter Diskussionsleiter auf den Marktplatz. Wie die "Freie Presse" am 9. November 2015 berichtete, aktivierte er jedoch nur Leute zwischen bürgerlich und rechts und die artikulierte Idee, gleichmal das Rathaus zu stürmen, fand Beifall.

    Komisch. Da geht es den Leuten in der Demokratie so richtig gut, sie erleben ein Maß an Freiheit und Wohlstand, wie es sich die Älteren unter uns, die den "real existierenden Sozialismus" oder gar den Nationalsozialismus noch bewusst erlebt haben, es sich hätten nie träumen lassen. Und genau diese Demokratie wird angegriffen, wenn als Deckmantel für die Beseitigung der repräsentativen Demokratie nach mehr Basisdemokratie oder "Merkel weg!" gerufen wird.

    Nicht ohne Grund ist die repräsentative Demokratie ein Erfolgsmodell - vor allem, weil sie lernfähig ist - Diktaturen hingegen, so die deutsche Erfahrung, ziehen durch bis zum bitteren Ende - schon vergessen?

    Freilich ist Gesellschaft zu gestalten heute schwieriger denn je: Ganz gleich, an welcher Stellschraube die Politik dreht, die Auswirkungen werden immer unkalkulierbarer; sicher ist wohl nur, dass es immer Interessengruppen gibt, die lauthals "Dagegen!" sind. Das ist ja auch einfacher, als zu gestalten und zu entwickeln. Wer glaubt, einen Staat nur von der Basis her, aus der Summe vieler kleiner Blickwinkel heraus führen zu können, irrt gewaltig.

    Was mich vielmehr beunruhigt ist, dass die gewählten Volksvertreter, die Abgeordenten, sich so wenig artikulieren. Allerdings bitte nicht auf Veranstaltungen, die von Leuten ins Leben gerufen werden, die lediglich auf den Zug der aktuellen Entwicklungen aufgesprungen sind,

    meint Ihr Fritz R. Stänker

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  • Quelle: Thomas Beier | Kommentar: Fritz Rudolph Stänker | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 09.11.2015 - 14:22Uhr | Zuletzt geändert am 05.01.2016 - 16:09Uhr
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