Gasthof "Ninive" verschwindet wie einst die Stadt
Herrnhut | Ninive. Paradox: Mit Geld aus dem Förderprogramm des Freistaates Sachsen zur Revitalisierung von Brachflächen wird der Gasthof Ninive im gleichnamigen Herrnhuter Ortsteil abgerissen - verbunden mit der Auflage, die frei werdende Fläche für mindestens zehn Jahre als Grünfläche zu verwenden und von der Stadt Herrnhut entsprechend zu unterhalten. Blühende Landschaften.
Ein Stück regionaler Identität wird zu grüner Wiese
In der Tat hat die Landesdirektion Sachsen der Stadt Herrnhut rund 140.000 Euro Fördermittel bewilligt, um den ungenutzten Gasthof„Ninive an der Oderwitzer Straße spurlos zu beseitigen.
Insgesamt soll die Aktion etwa 155.000 Euro kosten, von denen der Freistaat Sachsen neunzig Prozent trägt. Die restlichen 15.000 Euro finanziert Herrnhut aus dem kommunalen Haushalt. Das reicht aus, um den eigentlichen Abbruch zu bezahlen, vorher die Ver- und Entsorgungsmedien zu kappen, das Abbruchmaterial zu entsorgen und das Grundstück zu begrünen. Geschafft und abgterechnet sein muss das bis zum Jahresende 2012.
Der Gasthof stammt aus dem 19. Jahrhundert. Anfang der siebziger Jahre baute der VEB Fernsehkolbenwerk Friedrichshain das Haus zum einem betriebseigenen Kinderferienlager um. Nach der Friedlichen Revolution zog wieder die Gastronomie ein, allerdings steht das Gebäuder seit Ender der neunziger Jahre leer und ist so sehr verfallen, dass es als einsturzgefährdet gilt.
Für alle, die in der Schule gerade mal gefehlt haben:
Ninive war eine hoch entwickelte Stadt in Mesopotamien, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris (heute Irak). Sie wird im Alten Testament der Bibel mehrfach erwähnt und der Untergang der als "große Hure" bezeichneten Stadt angekündigt. Tatsächlich wurde Ninive nach seiner Zerstörung 612 v. Chr. nie wieder aufgebaut.
Weiterführende Quellen: http://de.wikipedia.org/wiki/Ninive
Kommentar:
Wieder weicht ein Stück regionaler Identität einer "blühenden Landschaft", auch wenn´s nur grün blühen soll.
"Klar, wenn sich´s nicht rechnet, einen Gasthof zu betreiben...", werden die Einsichtigen sagen, "Wir können es ja nicht ewig verfallen lassen und so billig wie jetzt bekommen wir den Abriss nie wieder."
Oder? Wenn sich der Gasthof nicht rechnet, ist bzw. war doch ein Kinderferienlager nicht die schlechteste Lösung. Sag noch einer, in der DDR war alles schlecht...
Die turbokapitalistischen Betriebswirtschaftlich-Denker haben einfach zu wenig Fantasie und Mut,
denkt manchmal Ihr Fritz R. Stänker
Gasthof Ninive / Kontakt zum Nachkommen
Von Christian Apelt am 15.11.2021 - 16:59Uhr
Ich bin ein Nachkomme des ehemaligen Besitzers des Gasthauses Ninive. Mein Vater, Kurt Zieschank, wurde dort geboren. Ich bin als Kind oft von meinen Großeltern (Apelt) von Ruppersdorf nach Oberoderwitz (Zieschank & Co.) über die Windmülhle gelaufen oder mit dem Fahrrad gefahren.
1951 sind meine Eltern mit mir "rübergemacht": Danach hatte ich leider keinen Kontakt mehr zu Ninive. Nach der Wende war ich ein paar Mal wieder in Ruppersdorf und Oberoderwitz, aber Ninive konnte ich nicht besuchen, es war immer geschlossen. Leider!
Für weitere Infos bezüglich Ninive wäre ich sehr dankbar!
Liebe Grüße, Christian Zieschank/Apelt
, aber Ninive habe ich leider nicht mehr besuchen können. Es war immer zugesperrt.
Gasthof Ninive
Von Harald Böhme am 15.06.2012 - 20:01Uhr
In der Tat, es ist schade, dass dieses Wahrzeichen der Birne weichen muss.
Ich als Einwohner habe in diesem Gasthof viele schöne Stunden verbracht. Es hängen viele Erinnerungen daran.
In unserer, für Ostdeutsche selbst gewählte, Gesellschaftsordnung ist leider kein Platz für Beständigkeit. Dieses Geld, was jetzt für den Abbruch aufgewendet wird, hätte damals sicher einen Weiterbetrieb ermöglicht.
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- Quelle: red | Fotos: BeierMedia.de
- Erstellt am 28.04.2012 - 06:11Uhr | Zuletzt geändert am 02.05.2012 - 09:54Uhr
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